Vom Distriktskrankenhaus zur HELIOS Klinik

Zur Geschichte des Krankenhauswesens in Volkach

Der Dienst an kranken Menschen war lange Zeit eine Aufgabe, die im Kreis einer Großfamilie geleistet wurde. Nur für arme, alleinstehende und fremde Patienten wurden frühzeitig eigene Häuser eingerichtet, in denen jene, die Hilfe brauchten, aufgenommen wurden. Waren es zunächst Klöster und Ritterorden, die Hospitäler errichtet hatten, so überwogen seit dem frühen 14. Jahrhundert bürgerliche Gründungen in den aufblühenden Städten. In ihnen wurden aber nicht nur kranke, sondern auch alleinstehende, arme und alte Menschen mit Nahrung, Unterkunft und Pflege versorgt. Das Bürgerspital in Würzburg, eine Stiftung der Patrizierfamilie von Steren aus dem Jahre 1319 ist wohl das beste Beispiel in Franken.

Julius Echter setzte Maßstäbe im Mittelalter

Im Gegensatz zu dem weit einseitiger konzipierten modernen Krankenhaus war eine der Hauptaufgaben des mittelalterlichen Spitals die Herstellung eines sozialen Lebenszusammenhanges für einsam und sippenlos Gewordene. Und als Julius Echter 1579 mit dem Juliusspital ein großes und allgemeines Krankenhaus gründete, war das zwei Jahrhunderte die größte Anlage dieser Art in Deutschland. Aber neben der bisherigen Zielsetzung wurden immer stärker medizinische Versorgung und auch medizinische Forschung und Lehre in den Mittelpunkt gerückt.

Das „Seelhaus“ neben der Michaeliskirche (1504)

Die fränkische Kleinstadt Volkach orientierte sich auch in dieser Hinsicht nach dem Vorbild der hochstiftlichen Landeshauptstadt. Waren es wohl zuerst die frommen Frauen vom Kirchberg, die Beginen, die kranke Menschen weitgehend daheim versorgten und pflegten, so ist 1462 bereits von einem "Siechhaus" die Rede, dem eine fromme Zustiftung zugedacht wurde. Dieses Haus stand sicher weit außerhalb der Stadt, weil in ihm vor allem Leprakranke untergebracht waren. Eine weitere Stiftung war das Seelhaus in der oberen Vorstadt neben der heutigen Michaelskirche. Eine Zeichnung im Salbuch von 1504 gewährt uns Einblick in die einfache Einrichtung einer damaligen Krankenstube.

Das neue Distriktkrankenhaus (1857)

Mit Fürstbischof Julius Echter beginnt in Volkach ein neuer Abschnitt im Spitalwesen. 1607 gründete er auch hier ein Juliusspital, das genauso wie in Würzburg sicher breit gefächerte Aufgaben zu erfüllen hatte. Eine alleinige Aufgabe als Krankenhaus im heutigen Sinne erfüllte erst eine Neugründung vor 140 Jahren. Die Distriktsgemeinde Volkach, ein Zusammenschluss aller Gemeinden an der Mainschleife, soweit sie zum alten Landgericht Volkach gehörten, war zuständig für das Gesundheitswesen. Ihr oblag der Unterhalt des Landarztes und der Hebammen und sie hatte auch die Unterhaltspflicht für ein Krankenhaus. So erwarb die Distrikts- verwaltungsbehörde das leerstehende Haus Sommeracher Straße 14 und eröffnete am 15. Mai 1857 das Distriktkrankenhaus Volkach.
Das Haus (siehe Bild) besaß unter anderem eine eigene Kapelle und ein separates Badehaus, war also schon entsprechend eingerichtet. Am Eröffnungstag wurde als erster Patient der 60jährige "Ökonomieknecht" des Strehlhofs Adam Haberkorn, geboren in Eichfeld, aufgenommen. Am 28. Mai 1857 erfolgte dann die "feierliche und legale Übergabe der Krankenpflege und des Haushaltes daselbst an die Schwestern des Ordens der „Töchter vom göttlichen Erlöser", welche kurz vorher, im Oktober 1854 vom nieder-elsässischen Niederbronn-les-Bains in ihre erste Niederlassung nach Würzburg gekommen waren.

Nach Auflösung fast aller katholischen Ordensgemeinschaften am Anfang des 19. Jahrhunderts gab es gerade nach 1840 zahlreiche Neugründungen. Dazu gehörte auch die 1849 von Maria Alphonse Eppinger gegründete Schwesterngemeinschaft, die sich vornehmlich der Krankenpflege widmete. Der bayerische König zögerte lange, die "vom Ausland abhängige Schwesternschaft" staatlich zu genehmigen, und auch der Bischof drängte auf Loslösung vom Mutterhaus im Elsass. Am 6. Juni 1866 erfolgte die staatliche Anerkennung, und am 15. Juni errichtete Bischof Georg Anton Stahl eine eigene Würzburger Kongregation, wenn auch gegen den Widerstand der Schwestern, welche die Abspaltung verhindern wollten.
Nur wenige Jahre später, im deutsch-französischen Krieg 1870/1871 hatte das neue Krankenhaus seine erste Bewährungsprobe zu bestehen. Die ärztliche Versorgung im Distrikts-Hospital oblag damals noch Belegärzten, vor allem dem Landarzt. Im Jahre 1895 begann die Distriktsgemeinde, ein neues Gebäude für das Krankenhaus zu errichten. Nach dem Durchbruch durch die Stadtmauer an der früheren Eiergasse, bzw. jetzigen Spitalstrasse öffnete sich Volkach nach Osten.

Krankenhausneubau (1897)

Ein neues Viertel entstand. Neben dem Neubau des Bürgerspitales von 1878/79 wurde an der Ecke Schaubmühl-Obervolkacher Straße ein Grundstück erworben und in den früheren Weingärten in den Jahren 1895 bis 1897 ein für die damalige Zeit geräumiger Neubau errichtet (Bild 3). Er umfasste den Hauptbau an der Straßenecke, einen Isolierbau und eine Liegehalle. Die ersten beiden waren durch einen überdachten Gang miteinander verbunden.

Belegkrankenhaus (1930)

Auch dieses Haus war als Belegkrankenhaus konzipiert, in dem z.B. 1914 insgesamt 27 Betten zur Verfügung standen, die von Dr. Hermann Schweißner und später von Dr. Jakob Engel versorgt wurden. Diese Form des Belegkrankenhauses dauerte ohne wesentliche Veränderungen bis in die unmittelbare Nachkriegszeit 1945, wenn auch inzwischen kleinere bauliche Verbesserungen vorgenommen wurden, so z.B. schon in den vierziger Jahren der Ersatz des Flachdaches am Hinterbau durch ein Satteldach oder der Ausbau dieses Dachraumes (Bild 4).

Anstaltskrankenhaus (1946)

Eine entscheidende Änderung brachten das Kriegsende und die Zerstörung Würzburgs, der auch zahlreiche Krankenanstalten zum Opfer gefallen waren. Die medizinische Universitätspoliklinik fand Zuflucht in Volkach und richtete 1945 eine eigene Bettenstation ein. Das führte naturgemäß zu einem enormen Aufschwung und zu der Umwandlung von einem Belegkrankenhaus in ein Anstaltskrankenhaus, mit festangestellten, hauptamtlich tätigen Ärzten. Neben Dr. Naumann kam im Oktober 1946 Dr. Lutz Reinäcker an die Volkacher Klinik.

Als die Poliklinik wieder nach Würzburg zurückkehrte, entschloss sich der damalige Landkreis Gerolzhofen, ab 1. November 1949 den Betrieb weiterzuführen und stellte Dr. Reinäcker als Chefarzt für die Innere Abteilung an. Unterdessen wurden wiederum bauliche Erweiterungen vorgenommen: Der vordere Trakt wurde umgebaut, Küche, Treppenhaus und Teeküchen, sowie weitere Krankenzimmer eingerichtet, wodurch die Bettenzahl, zusammen mit der Anmietung im benachbarten Bürgerspital auf 68 stieg. Dreißig standen der Inneren Station zur Verfügung, vier für Entbindungen und 25 für die neue Chirurgische Abteilung, die zusätzlich zuerst neun, später sogar 13 Betten im Bürgerspital belegte, denn mittlerweile hatte auch der in Volkach ansässige Facharzt für Chirurgie, Dozent Dr. Günther Bahls die Erlaubnis erhalten im Krankenhaus chirurgische Fälle zu behandeln und zu operieren. 1953 folgte ihm Dr. Friedrich Heck in der Chirurgischen Abteilung und 1965 Dr. Heinz Otte erstmals als hauptamtlicher Chefarzt für Chirurgie. Die Innere Abteilung leitete bis 1974 Dr. Lutz Reinäcker. Nach seinem Ausscheiden wurde das Volkacher Krankenhaus völlig auf Chirurgie umgestellt.

Wechsel des Krankenhausträgers (1972)

Die ständige Raumnot zwang die Verantwortlichen, zuerst den Kreistag in Gerolzhofen, ab 1972 jenen in Kitzingen, laufend zu Investitionen, um neben weiteren Krankenzimmern auch Personalunterkünfte und Schwesternzimmer zu schaffen. Ebenso wurde für die Verbesserung der Einrichtung und den Bau neuer Operationssäle Enormes geleistet, um optimale Arbeitsbedingungen zu schaffen. Der Plan und auch ein Kreistagsbeschluss vom 20. Juni 1969 sahen sogar eine Erweiterung der Kapazität auf 100 Betten vor. Die Stadt Volkach hatte sich bereit erklärt, 200 000 DM sowie das Gelände des Bürgerspitals beizusteuern. Aber die Landkreisreform ließ 1972 Pläne und Beschlüsse Makulatur werden.

Eine richtige, ja entscheidende Veränderung war der Abzug der Klosterfrauen zum 1. April 1975. Der fehlende Nachwuchs und die Überalterung in den Ordensgemeinschaften hatten zu diesem für das Kreiskrankenhaus Volkach schmerzlichen Verlust geführt. Nahezu 118 Jahre, seit 1857, dem Beginn dieser Einrichtung in der Sommeracher Straße, hatten die Schwestern ihren Dienst an den kranken und hilfsbedürftigen Menschen geleistet und sehr viel persönlichen, ja menschlichen Kontakt aufgebaut, um eine möglichst ganzheitliche Pflege zu erreichen.

Kreiskrankenhaus (1980)

Der Förderring Kreiskrankenhaus Volkach, gegründet 1977 / 78, hat dann später versucht, auf seine Weise manche Aufgaben zu übernehmen und die außermedizinische Betreuung aufzubauen.
Durch die Landkreisreform 1972 kam eine große Gefahr auf das Volkacher Haus zu. Der neue Landkreis Kitzingen musste für fünf Krankenhäuser sorgen, in Dettelbach, Iphofen, Marktbreit. Kitzingen und Volkach. In mehreren Beratungen des Kreistages, jeweils energisch unterstützt von der Öffentlichkeit fiel dann im Juli 1979 die Entscheidung für ein neues Haus in der Kreisstadt und für den Erhalt des Kreiskrankenhauses Volkach, vor allem wegen der guten Ausstattung, wegen seines guten Rufes und wegen der unzureichenden verkehrsmäßigen Anbindung des Volkacher Raumes an Kitzingen (Bild 5).

Medizinische Innovationen (1980-1993)

Der fortwährende Anstieg der Patientenzahl rechtfertigte im Nachhinein diese Entscheidung. Mit der Unterstützung wichtiger Politiker auf allen Ebenen (v. Prümmer, Rosenbauer, Stamm) gelang es, das Volkacher Haus in den Krankenhausbedarfsplan aufzunehmen und für einen weiteren Ausbau vorzusehen.
So wurde 1980 die Röntgenabteilung ausgebaut und 1986 als neue Abteilung die Anästhesie eingerichtet. 1990 kamen ein völlig neuer Operationstrakt und neue Krankenzimmer für 5,7 Mio. DM hinzu. Auch in der ärztlichen Leitung gab es eine entscheidende Veränderung. Der bisherige Oberarzt Dr. Georg Klose löste 1986 Dr. Heinz Otte als Chefarzt ab. Hatte Dr. Otte den Ruf des Hauses als Erfinder des Plansee-Otte-Niob-Marknagels gefestigt, so wurde sein Nachfolger bereits 1987 durch die Einführung der minimal-invasiven Operationstechnik bekannt.
Eine endgültige Entscheidung für das Kreiskrankenhaus Volkach schien im Oktober 1991 der Plan für dessen weiteren Ausbau zu sein. 19,6 Mio. DM sollten investiert und eine Innere Abteilung mit zwei Internisten wieder eingerichtet werden.
So zuversichtlich diese Planung vom Herbst 1991 aussah, genau so deprimierend war im März 1992 die Feststellung, dass ein vermutetes jährliches Defizit in  Millionenhöhe vom Landkreis nicht mehr getragen werden könne.

Privater Krankenhausträger (1993)

Die Zitterpartie für den Erhalt des Kreiskrankenhauses Volkach ging in eine neue und wie sich zeigte entscheidende Runde. Die Mandatsträger der Mainschleife wurden
wiederum aktiv, und der Förderring rief auf zu einer groß angelegten Unterschriftenaktion. Bei einer Bürgerversammlung zeigte sich, wie stark das Engagement der Öffentlichkeit für "ihr Haus" war.
Als Ausweg zeigte sich die Überführung des bisherigen Kreiskrankenhauses in eine private Trägerschaft. Die Vorbereitungen für den weiteren Ausbau gingen trotzdem
planungsgemäß weiter.
Viele Verhandlungen der Landkreisverwaltung und des Landrates Dr. Siegfried Naser mit möglichen Trägern führten schließlich dazu, dass zum 1. Oktober 1993 die Asklepios Kliniken GmbH Kronberg das Kreiskrankenhaus Volkach übernahm und den weiteren Ausbau weiterhin mit großzügiger staatlicher Förderung vorantrieb.
Im Oktober 1996 war der erste Bauabschnitt mit einem neuen Bettentrakt fertig, und im Oktober 1997 ist nun das ganze Haus umgebaut, gründlich saniert und auf den neuesten Stand der Krankenhaustechnik gebracht.
Geändert hat sich allerdings nicht nur die Trägerschaft sondern erneut die Betriebsform.
Aus einem Anstaltskrankenhaus (seit 1949) wurde wieder ein Belegkrankenhaus mit 46 Betten, dem eine Gemeinschaftspraxis von fünf Ärzten angegliedert ist.
Und im September 1997 hat schließlich die HELlOS Kliniken GmbH Grebenhain im Wege einer Realteilung das Haus allein übernommen und ihm den Namen HELlOS Klinik Volkach gegeben.
Die Bürger an der Mainschleife hoffen nun, dass auch diese Lösung richtig war und dass das "Krankenhaus Volkach" und die Ärzte, die dort arbeiten, ihren Ruf und fachlichen hohen Stand nicht nur im unmittelbaren Bereich des Umlandes, sondern auch weit darüber hinaus erhalten und ausbauen können.
Herbert Meyer
Beitrag in der Festschrift zur Einweihung des Neubaus der Helios Klinik Volkach am 24.10.1997